Sind Vollkornprodukte eine gute Wahl?

Ist Vollkorn gesund Blogbeitrag Steffen Gabelmann

Vollkornprodukte werden oft als die gesunde Alternative zu Weißmehl angepriesen. Für eine gesunde, ausgewogene Ernährung wird von vielen Ernährungsfachgesellschaften wir der DGE ein hoher Konsum von Vollkornprodukten empfohlen. Doch ist Vollkorn wirklich besser als Weißmehl? Gibt es auch da Unterschiede in der Verarbeitung? Und ist Getreide generell eine gute Wahl? Dieser Artikel analysiert die beiden Mehlsorten und vergleicht sie in Bezug auf Nährstoffgehalt, Gesundheitswirkung, Verarbeitungsgrad und generelle Ernährungsrelevanz – auch mit anderen Lebensmittelgruppen. Dabei werfen wir auch einen kritischen Blick auf Hygiene- und Umweltaspekte sowie die Bedeutung von Getreide in der modernen Ernährung, und geben einen Ausblick inwiefern Getreide generell sinnvoll in die Ernährung integriert werden kann.

Definitionen und Unterschiede von Vollkornmehl und Weißmehl

Was ist der Unterschied zwischen Vollkornmehl und Weißmehl? Vollkornmehl enthält das gesamte Korn inklusive Keimling, Schale und Mehlkörper. Dadurch bleiben mehr Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe erhalten. Weißmehl hingegen wird weiter verarbeitet, wobei die Schale und der Keimling entfernt werden, und ein feineres Mehl mit besseren Backeigenschaften und längerer Haltbarkeit entsteht. Dadurch entsteht aber auch ein nährstoffärmeres Produkt, wie wir in der Gegenüberstellung sehen.

Nährstoffvergleich: Vollkorn vs. Weißmehl

Nährstoff (pro 100 kcal) Vollkornmehl (Weizen) Weißmehl (Weizen, Type 405)
Protein (g) 3.8 g 2.9 g
Kohlenhydrate (g) 18.2 g 20.9 g
Ballaststoffe (g) 3.2 g 0.9 g
Magnesium (mg) 35.3 mg 6.3 mg
Eisen (mg) 1.0 mg 0.26 mg
Zink (mg) 0.82 mg 0.14 mg
Vitamin B1 (mg) 0.12 mg 0.029 mg
Vitamin E (mg) 0.41 mg 0.017 mg

Analyse des Nährstoffgehaltes pro 100 kcal – wichtig – pro Energieeinheit, nicht Rohgewicht! Dies bietet einen transparenteren, da relativ zum Energiegehalt gezogenen Vergleich! Quelle: Eigene Darstellung, nach Die große GU Nährwert-Kalorien-Tabelle 2024/25 (1)

Analyse:

  • Vollkornmehl liefert pro 100 kcal deutlich mehr Mikronährstoffe als Weißmehl.
  • Besonders deutlich wird dies bei Magnesium und Ballaststoffen – hier liegt der Unterschied beim 5- bis 6-fachen.
  • Weißmehl ist in erster Linie eine Energiequelle mit geringen Mengen an Vitalstoffen.
  • Beide Arten enthalten in erster Linie einen großen Anteil an Kohlenhydraten aus Stärke, einem Vielfachzucker der im Körper zu Einfachzucker zurückgebaut wird.
  • Dieser Umbau geht bei Weißmehl schneller, was anhand des glykämischen Index gemessen werden kann. Der von Weißmehl liegt bei etwa 85, während Vollkornmehl bei etwa 60 liegt.

„Vollkorn ist die beste Wahl“ schreibt die DGE auf Ihrer Homepage. Sogar so gut, dass für den Normalen Erwachsenen, der kein Diabetiker oder chronisch Kranker ist, pro Tag 4-5 Portionen Getreideprodukte (300 g) empfohlen werden. Anhand des Vergleichs zwischen Vollkorn und Weißmehl können wir dem folgen. Die Frage ist nur: Wenn wir derart viel Vollkornprodukte –  und Ergo Energie und Kohlenhydrate aufnehmen, sind die Mengen an Mikronährstoffen im Verhältnis ebenfalls adäquat? Hierzu vergleichen wir später den relativ zur Energie gezogenen Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Co.

In ihrer Mengenempfehlung nennt die DGE in der Regel ca. 200–250 g Brot und 50–60 g Getreideflocken. Auch Teigwaren, Reis, Grieß, Mehl usw. zählen dazu. (2) Der weitaus größte Anteil besteht also aus Mehlprodukten, wobei dort das volle Korn zu Mehl und dann ggf. noch weiter verarbeitet wurde. Es wird nicht zwischen den Getreidesorten unterschieden, den Großteil machen allerdings aufgrund der Verbreitung eindeutig Weizensorten, zu denen auch Dinkel gehört, aus. Auch hier vergleichen wir später mit anderen Getreidesorten und Pseudogetreide.

In einem ersten kurzen Fazit können wir also sagen: Ja, Vollkorn ist in Bezug auf den ernährungsphysiologischen Wert besser als Weißmehl. Damit haben vermutlich die meisten gerechnet. Aber sollten wir deshalb die von der DGE empfohlenen Mengen zur Deckung unseres Nährstoffbedarfs nutzen?

Weißmehlprodukte vs. Vollkornmehlprodukte vs. volles Korn

Zuallererst sollten wir Getreide nicht nur in Vollkorn und Weißmehl unterscheiden, sondern vor allem auch in Mehlprodukte und natürliches Korn.

Ein entscheidender Unterschied, welcher über die Wirkung im Menschen entscheidet, ist neben dem Nährstoffgehalt der Verarbeitungsgrad: Der Unterschied zwischen Mehl und ganzem oder gequetschtem (geflocktem) Korn liegt darin, dass beim Mehl die Zellwand, die aus Pflanzenfasern (Ballaststoffen) besteht, durch das Mahlen bereits vollständig aufgeschlossen ist. Das bedeutet, dass die Kohlenhydrate schneller verfügbar sind und die Verdauung sehr rasch abläuft – den dem Darm wurde diese Arbeit abgenommen. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel deutlich schneller an. Entscheidend ist dabei nicht nur der glykämische Index, sondern die sogenannte glykämische Last – also der Blutzuckereffekt einer typischen Portion (dazu gleich mehr). In üblichen Vergleichen wird stets der Nährstoffgehalt bezogen auf 100 g Rohgewicht eines Produktes herangezogen. Da besonders Gemüse und Obst zu einem Großteil aus Wasser bestehen, ist der Vergleich hier schwierig. Einen realistischeren Vergleich erhalten wir, wenn wir pro Energieeinheit (Kalorien) vergleichen – das werden wir im weiteren Verlauf vornehmen. 

Ganze Körner und Flocken nehmen zudem im Verdauungstrakt mehr Volumen ein und fördern das Sättigungsgefühl auch mechanisch. Gleichzeitig liefern sie eine größere Vielfalt an Nährstoffen, da bei der industriellen Vermahlung – selbst bei Vollkornmehl – ein Teil der empfindlichen Vitamine (z. B. B-Vitamine) durch Hitze und Sauerstoffkontakt verloren geht. Auch gesunde Fette aus dem Keimling oxidieren nach dem Mahlen schnell, was die Lagerfähigkeit und Nährstoffqualität beeinträchtigen kann. Dies ist im Übrigen ein Grund warum die Industrie lieber Weißmehl verwendet: leichtere Lagerung, längere Haltbarkeit, bessere Backeigenschaften, bessere Planbarkeit und durchgängige Qualität.(3)(4)(5)

Für die Darmgesundheit sind ganze Körner besonders wertvoll: Die Kombination aus unverarbeiteten Ballaststoffen, sekundären Pflanzenstoffen und resistenter Stärke fördert das Wachstum gesundheitsförderlicher Bakterienstämme im Dickdarm. Vor allem fermentierbare Ballaststoffe werden dort zu kurzkettigen Fettsäuren wie Butyrat abgebaut – diese wirken entzündungshemmend, stärken die Darmbarriere und stehen im Zusammenhang mit einem geringeren Risiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. (6)(7)

In der folgenden Tabelle sind die Mehlsorten und volles Korn nochmal gegenübergestellt: (8)

Merkmal Ganzes Korn / Flocken Vollkornmehl Weißmehl (Typ 405)
Ballaststoffgehalt sehr hoch hoch sehr niedrig
Blutzuckerwirkung niedrig-mittel mittel hoch
Sättigungswirkung sehr hoch hoch gering
Nährstoffverluste keine durch Mahlen/Hitze teilweise reduziert stark reduziert (Kleie und Keim entfernt)
Fettsäuren & Keimöle enthalten, intakt enthalten, aber empfindlich (oxidativ) kaum vorhanden
Verarbeitung minimalprozessiert mittel (gemahlen, verpackt) hoch (raffiniert, extrahiert)
Wirkung auf Darmmikrobiom sehr positiv (präbiotisch) positiv kaum förderlich
Lagerfähigkeit sehr gut (unverarbeitet, ganzes Korn) eingeschränkt (Ranzgefahr durch Keimfette) sehr gut, da stabil

Quelle: Eigene Darstellung

Zwischenfazit: Weißmehl oder Vollkornmehl?

Wenn möglich: beides reduzieren – und stattdessen ganze Körner (gekeimt, eingeweicht, gekocht), geschrotete Varianten oder Flocken verwenden. Sie liefern mehr Nährstoffe, sättigen besser, und unterstützen nachhaltig eine gesunde Verdauung und Blutzuckerbalance.

Wirkung von Getreide auf den Blutzuckerspiegel: Wie relevant sind Glykämische Index und Glykämische Last?

Die glykämische Last (GL) beschreibt, wie stark ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel beeinflusst – bezogen auf eine übliche Portion, also relativ zum Energiegehalt – sehr wichtig! Sie berücksichtigt sowohl den glykämischen Index (GI) als Maß für die Art und isolierte Wirkung (Einfachzucker, Vielfachzucker etc.) der Kohlenhydrate, als auch die Menge an verdaulichen Kohlenhydraten in Gramm pro Portion. Denn in vielen Lebensmitteln sind neben den Kohlenhydraten auch Ballaststoffe Vitamine, Eiweiß, Fett und weitere Nährstoffe enthalten – und um es vorweg zu nehmen, zu einem größeren Anteil als bei den klassischen Mehlsorten. Ähnlich wie beim vorherigen Vergleich (bezogen auf 100 kcal) nutzen wir also einen relativen Anteil. Die Formel für die GL lautet: GL = (GI × Kohlenhydratmenge pro Portion in g) / 100. Werte von unter 10 gelten als niedrig, 11-19 ist mittel und ab einem Wert von 20 spricht man von hohen Werten. (1)(3)

Lebensmittel Glykämischer Index (Ø-Wert) KH pro Portion (g) Portion (ca.) Glykämische Last
Weißbrot 75 30 1 Scheibe (ca. 50 g) 22.5
Haferflocken 55 27 40 g (½ Tasse trocken) 14.9
Vollkornbrot 50 25 1 Scheibe (ca. 50 g) 12.5
Naturreis (gekocht) 50 15 150 g (gekocht) 7.5
Wassermelone 72 6 120g (1 Stück) 4.3

Quelle: Eigene Darstellung, nach: Die große GU Nährwert-Kalorien-Tabelle 2024/25 (1)

Vollkornprodukte und Haferflocken haben meist eine niedrige bis mittlere glykämische Last, was für eine stabile Blutzuckerregulation spricht. Weißmehlprodukte wie Weißbrot liegen im hohen Bereich – sie lassen den Blutzucker schnell und stark ansteigen und fördern eher das Auftreten von Heißhunger. Spannend ist hier der Vergleich von GI und GL bei Wassermelone, der zeigt, das 1 Stück Wassermelone trotz des höheren GI eine deutlich mildere Blutzuckerwirkung hat, als Vollkornbrot.

Das zeigt auch: Obwohl die glykämische Last (GL) praxisnäher ist als der glykämische Index, hat auch sie Einschränkungen. Denn In der Realität werden Lebensmittel selten isoliert verzehrt – Fett, Eiweiß, Ballaststoffe und Zubereitungsart beeinflussen die Blutzuckerreaktion stark. Auch die individuelle Reaktion kann je nach Darmflora, Tageszeit, Aktivität oder Stress variieren.

Ein Beispiel: Haferflocken mit Nüssen und Joghurt führen zu einem ganz anderen Blutzuckerverlauf als Vollkornbrot mit Butter und Marmelade – obwohl die GL ähnlich sein könnte. Entscheidend ist also vor allem auch: Mit was kombiniere ich mein (Voll-)Korn? Auch hierzu schauen wir geben wir am Schluss noch einmal Empfehlungen.

Kann Getreide überhaupt Teil einer gesunden Ernährung sein?

Fachgesellschaften wir die DGE sagen ganz klar, Ja – Getreide soll sogar einen Hauptanteil der Ernährung ausmachen. Wir sind da anderer Meinung. Denn bei Getreide, egal ob im ganzen Korn oder nicht, sind einfach sehr viele Kohlenhydrate und generell Energie, im Verhältnis zur Mikronährstoffdichte enthalten. Eine dauerhaft getreidereiche Ernährung verschiebt demnach das Makronährstoffverhältnis deutlich zugunsten der Kohlenhydrate. Das kann, abhängig vom Lebensstil, problematisch sein, denn unser Körper ist evolutionär einfach nicht auf eine „Kohlenhydratmast“ programmiert, das arme Insulin wird hier auf Dauer nicht zur Erschöpfung getrieben (Stichwort: Diabetes Typ 2). Umgekehrt gibt es aber eine Vielzahl an Hormonen, die den Blutzuckerspiegel in Zeiten von Energie- und Kohlenhydratknappheit stabilisieren bzw. erhöhen – Glukagon, die Schilddrüsenhormone T4 und T3, die Stresshormone Adrenalin, Cortisol, Noradrenalin und das Wachstumshormon Somatotropin. Eine gesunde Balance mit Fokus vor allem auf den essentiellen Makronährstoffen – Protein (Aminosäuren) und Fette (essentielle Fettsäuren) – und Kohlenhydraten je nach Aktivitätslevel als flexible Nährstoffkomponente ist daher unsere Empfehlung. Im Kontext von Insulin und Blutzucker kommt es vor allem auf eine gute Insulinsensivität an, das bedeutet der Körper braucht wenig Insulin um den Zucker in die Zellen zu schleusen. Essen wir derart hohe Mengen an Kohlenhydraten, befinden uns nicht in einem Kaloriendefizit und bewegen uns gleichzeitig wenig, sorgt das auf Dauer für eine schlechte Insulinsensivität mit dem Endstadium der Insulinresistenz. 

Nachteil Getreide: Die Verträglichkeit von Getreide als Problem

Getreide – ob Weißmehl oder Vollkorn – und größere Mengen an Kohlenhydraten können den Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht bringen, wenn der Körper sie nicht aufgrund körperlicher Aktivität wie Sport, harter Arbeit oder intensiver Bewegung benötigt. Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die Auswirkungen auf die Verdauung: Vollkorn liefert zwar viele Ballaststoffe, enthält jedoch auch größere Mengen sogenannter FODMAPs – fermentierbarer Kohlenhydrate, die bei empfindlichen Menschen zu Blähungen, Bauchschmerzen und anderen Darmbeschwerden führen können. (10)

Darüber hinaus enthält insbesondere Weizen problematische Antinährstoffe wie Gluten und Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs), die im Körper proentzündlich wirken. Außerdem binden sie Mineralien, besonders Zink und Eisen, welche sich in der Pflanze (oder im Körper) befinden. Eine Reduktion dieser Stoffe ist nur durch eine traditionelle Zubereitung – etwa durch Fermentation mittels Sauerteig mit langer Reifezeit – möglich. Genau das fehlt jedoch in den meisten heutigen Industrieprodukten, die auf schnelle Treibmittel wie Turbo-Hefen setzen.(11)

Vor allem moderner Weizen mit seinem hohen Glutengehalt kann selbst bei Menschen ohne Zöliakie oder klassische Unverträglichkeit unterschwellige Entzündungsreaktionen auslösen. Diese stillen Entzündungen stören den Energiestoffwechsel erheblich: Sie beeinträchtigen die Mitochondrienfunktion, blockieren die Fettverbrennung und behindern die Glukoseverwertung. Verständlich – denn bei Entzündungen reagiert der Körper mit einem Abwehrmechanismus und versucht, potenzielle Angreifer nicht noch zusätzlich mit Energie zu versorgen. Die Folge ist eine metabolische Entgleisung mit Leistungstiefs, Heißhunger, instabilen Blutzuckerwerten und einer dauerhaften Belastung des Immunsystems. Wer regelmäßig große Mengen (verarbeiteten) Getreides konsumiert, riskiert somit eine chronisch entzündliche Stoffwechsellage – mit spürbaren Auswirkungen auf Energie, Gesundheit und Körperzusammensetzung.

Merke: Stille Entzündungen – ein Problem in der heutigen Zeit – sind Nährboden für chronische Krankheitszustände. Getreide wirkt hier nicht gerade förderlich, im Gegenteil.

Nachteil Qualität: Hygienische Aspekte von Getreide

Ein weiterer, sehr spannender Punkt, der kaum thematisiert wird. Denn Mehl wird in der Regel nicht gewaschen, im Gegensatz zu Gemüse oder Obst. Im Regelfall wird das Getreide heute konventionell in Großbetrieben angebaut und nach der Ernte auf großen Flächen zwischengelagert, die oft wenig belüftet und feuchtigkeitsanfällig sind – ideale Bedingungen für die Bildung von Schimmelpilzen und Mykotoxinen, die gesundheitlich problematisch sein können und in der industriellen Verarbeitung kaum vollständig entfernt werden. Dadurch können Rückstände wie Staub, Schadstoffe oder Mikroorganismen haften bleiben. Laut EU-Verordnung dürfen Mehle bis zu 3 % Fremdstoffe enthalten – dazu zählen Insektenreste, Mäusekot und Schimmelsporen. (12) Es sollte also bei Getreide – wie bei allen Lebensmitteln auch – im besten Fall auf Bio-dynamischen Anbau, kleinere, lokale Erzeuger und kurze Lieferketten (Direktvermarktung) geachtet werden. 

Nachteil Mikronährstoff-Dichte: Gibt es bessere Alternativen zu Getreide?

Um bessere Alternativen zu verstehen, zeigen wir einen Vergleich zwischen dem relativen Nährstoffgehalt, bezogen auf die Energie, von Getreide und Gemüse sowie Speicherknollen.

Lebensmittel (pro 100 kcal, roh) Magnesium (mg) Kalium (mg) Calcium (mg) Vitamin C (mg) Folat (µg) Antioxidantien (bewertet) Ballaststoffe (g) Kohlenhydrate (g)
Brokkoli 61.8 730 47 261.7 110 hoch 6.8 7.1
Karotten 36 320 33 74 19 mittel 5.2 9.3
Kartoffeln 28 425 10 20 16 gering 2.1 17.5
Apfel 6.2 107 6 81 3 mittel 2 25.1
Banane 31 358 5 8.7 20 gering 2.6 23
Beeren (Ø) 28 150 22 130 25 sehr hoch 6.2 11.5
Vollkornmehl (Weizen) 35.3 200 12 0 14 gering 3.2 18.2
Weißmehl (Weizen, 405) 6.3 80 4 0 6 sehr gering 0.9 20.9
Haferflocken 40 280 45 0 28 mittel 5.5 16.5
Buchweizen 49 460 18 0 30 mittel 5 19.8

Quelle: Eigene Darstellung, nach: Die große GU Nährwert-Kalorien-Tabelle 2024/25 (1)

Die Tabelle zeigt: In Sachen Mikronährstoffdichte sind grüne Gemüse generell – und wie wir hier sehen, besonders Brokkoli, der Hit. Aber auch andere Gemüsesorten und Obst sind in den Eigenschaften von Weizenmehlprodukten überlegen. Kartoffeln enthalten mehr Vitamine, Kalium und sättigen besser, Obst enthält zwar auch viel Zucker, aber nicht viel mehr als Getreide, dafür aber deutlich mehr Vitamine und Antioxidantien. Die klassischen bei uns verwendeten Weizensorten sind wiederum auch gegenüber Haferflocken und Buchweizen klar im Nachteil. Übrigens: Die nährstoffdichtesten Lebensmittel sind Tierprodukte wie Eier, Innereien, teilweise Fleisch und angesäuerte und fermentierte Milchprodukte. In diesem Artikel soll es allerdings um bessere Alternativen für Getreide aus dem Pflanzenreich gehen, weshalb Tierprodukte hier ausgespart wurden. Dennoch zählen auch hochwertige Tierprodukte, wenn aus ethischen, moralischen oder religiösen Gründen nichts dagegenspricht, unbedingt zu einer gesunden, ausgewogenen Ernährung, sind sogar unverzichtbar! 

Interessant ist, dass Getreide oftmals aufgrund des hohen Ballaststoffgehaltes sowie Mineralstoffe empfohlen wird – dabei liefern andere Lebensmittel deutlich mehr davon im Verhältnis zur enthaltenen Energie in form von Kalorien, die wir damit aufnehmen.

Entscheidend ist dabei: Für einen funktionierenden (Energie-)Stoffwechsel sind Mikronährstoffe wie Magnesium, B-Vitamine, Zink, Eisen, Selen und Kupfer unverzichtbar. Sie wirken als sogenannte Co-Faktoren in nahezu allen Stoffwechselprozessen – von der Energiegewinnung in den Mitochondrien bis hin zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels. Fehlen diese Bausteine – was bei einer Ernährung mit hohem Anteil an nährstoffarmen Getreideprodukten aus Mehlen leicht passieren kann – gerät der Stoffwechsel schnell aus dem Gleichgewicht. Die Folgen sind Müdigkeit, Leistungsschwäche, schlechtere Regeneration und auf Dauer eine echte Stoffwechselentgleisung mit weitreichenden gesundheitlichen Konsequenzen.

Gerade in Phasen mit erhöhtem Energiebedarf, z. B. durch Stress, Sport oder Krankheit, wird deutlich: Nicht die Menge an Kalorien entscheidet über Leistungsfähigkeit und Gesundheit – sondern die Qualität und Mikronährstoffdichte der Lebensmittel. Und genau hier ist Getreide in verarbeiteter Form eines der schwächsten Glieder in der Ernährungskette.

Nachteil Ballaststoffarten: Getreide vs. Gemüse

Besonders der Ballaststoffgehalt wird immer wieder als Vorteil von Getreideprodukten herangezogen. Wie wir der Tabelle entnehmen können, enthält Gemüse und auch Obst jedoch teilweise sogar mehr davon. Und nicht alle Ballaststoffe wirken gleich.

  • Getreide enthält überwiegend unlösliche Ballaststoffe wie Zellulose und Hemizellulose. Diese regen die Darmtätigkeit an, können jedoch bei empfindlichen Menschen zu Blähungen führen. Eine Ausnahme bildet z.B. Beta-Glucane in Hafer.
  • Gemüse und Obst liefert zusätzlich lösliche Ballaststoffe wie Pektin (z.B: im Apfel), die im Dickdarm fermentiert werden und das Wachstum gesunder Darmbakterien fördern. Sie wirken entzündungshemmend und tragen zur Bildung von kurzkettigen Fettsäuren bei.

Fazit: Die Kombination beider Ballaststoffarten (idealerweise aber aus Hafer, Hirse, Reis oder Pseudogetreide wie Buchweizen und Quinoa) ist ideal. Allerdings sind Ballaststoffe aus Gemüse insgesamt besser verträglich und vielseitiger in ihrer Wirkung.

Fazit & Empfehlungen

Sind Vollkornprodukte besser als Weißmehlprodukte? Ja. Sind Vollkornprodukte eine gute Wahl? Wir sagen: Für die meisten Menschen mit westlichem Lebensstil im Kontext der alltäglichen Ernährung: Nein. Getreideprodukte sind vor allem Zucker (Kohlenhydrat-)Lieferanten und sollten nicht in derart großen Mengen verzehrt werden, wie von Fachgesellschaften empfohlen. Die besseren Alternativen: Gemüse, Obst und Speicherknollen sollten den Löwenanteil an Kohlenhydratquellen ausmachen. Um auf die essentiellen Mengen an Vitaminen, Mineralstoffen, Fettsäuren und Eiweiß zu kommen, sind diese Lebensmittelgruppen in Kombination mit hochwertigen, unverarbeiteten Tierprodukten und Hülsenfrüchten (z.B: Linsen) aus ernährungsphysiologischer Sicht weitaus wichtiger. Aus evolutionärer Sicht steht Getreide erst seit einigen 10.000 Jahren auf dem Speiseplan, unser Körper braucht vor allem andere Nährstoffe als hochkonzentrierte Kohlenhydrate.

Getreide kann allerdings seinen Platz in einer gesunden Ernährung haben– wenn man es bewusst auswählt, die Menge dem Bewegungsverhalten und der Stoffwechselsituation anpasst und es vor allem auch richtig verarbeitet. Folgende praktische Tipps helfen dabei, den gesundheitlichen Nutzen zu maximieren und mögliche Nachteile zu reduzieren:

  • Bessere Alternativen: Pseudogetreide (Buchweizen, Quinoa) oder Hafer, Hirse, Reis als glutenfreie, nährstoffreichere Alternativen zu klassischen Getreidesorten (Weizen, Dinkel) auswählen.
  • Korn statt Pulver: Bevorzuge möglichst das ganze Korn – unverarbeitet, regional, in Bio-Qualität (z. B. Demeter). Vermeide Fertigmehle, da diese durch Verarbeitung, Lagerung und Oxidation stark an Nährstoffgehalt verlieren können bzw. mehr Fremdstoffe enthalten können.
  • Frisch mahlen oder flocken: Wer regelmäßig Getreide nutzt, sollte eine Getreidemühle oder Flockenquetsche (wie empfehlen diese hier von Eschenfelder)  in Erwägung ziehen. Dadurch bleiben mehr Vitalstoffe erhalten und Oxidationsprozesse werden minimiert.
  • Fermentieren oder keimen: Durch Fermentation über Sauerteig (nicht aber über normale Hefe) oder das Keimen des Getreides lassen sich Antinährstoffe wie Phytinsäure deutlich reduzieren. Gleichzeitig verbessert sich die Mineralstoffverfügbarkeit, die Verdauung und die Verträglichkeit. Keimen ist außerdem kein Hexenwerk und geht mit den passenden Keimgläsern super einfach.
  • Einweichen/Quellen lassen: Auch einfaches Einweichen vor dem Kochen oder Backen trägt dazu bei, die Verträglichkeit zu verbessern – insbesondere bei Hafer oder Buchweizen, aber auch bei Hülsenfrüchten wie Linsen.
  • Weniger klassische Backwaren im Alltag: Die typischen, stark verarbeiteten Mehlprodukte (Brot &Brötchen, auch Knäckebrot, Nudeln etc.) sollten eher die Ausnahme bleiben. Stattdessen: Bewusst genießen – z. B. das Sonntagsbrötchen mit Butter und Marmelade oder Wurst oder Nuss-Nougat-Creme, die Pizza mit Freunden oder ein gutes Stück Kuchen. Derartiger „Genuss“ hat auch seinen Platz, wenn er nicht zur täglichen Gewohnheit wird.
  • Für alle, die im Alltag nicht vollständig auf Brot verzichten möchten, gibt es mittlerweile viele gesunde Alternativen. Besonders praktisch sind hochwertige Brotbackmischungen auf Basis von Haferflocken, Saaten und Nüssen – zum Beispiel das „Wunderbrød“. Auch selbst gebackenes Eiweißbrot gelingt mit wenigen Zutaten ganz einfach: 6 Eier, 500 g Magerquark, 250 g Haferkleie, 50 g Buchweizenflocken oder -mehl, etwas Backpulver, Salz und Brotgewürz – fertig ist ein sättigendes, eiweißreiches Brot ohne Weizenmehl. Wer lieber pflanzlich oder glutenfrei backt, findet auf Rezeptplattformen und in modernen Kochbüchern eine Vielzahl kreativer, gesunder Brotrezepte (z.B: dieses hier). Und wer das Glück hat, einen Bäcker in der Nähe zu haben, der noch echtes Handwerk pflegt und Sauerteigbrot traditionell herstellt, sollte das unbedingt nutzen. Doch auch ein gutes Sauerteigbrot lässt sich mit etwas Übung problemlos zu Hause selbst backen – bekömmlich, aromatisch und ganz ohne Zusatzstoffe. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch .Was kommt aufs Brot? Wie wäre es z.B: mal mit Räucherlachs oder Forelle, Meerrettich, Zwiebel und Kresse oder Ei, Avocado, Tomaten? Auch gegen ein Stück Käse von Weidetieren oder luftgetrockneten Schinken ohne Zusätze ist nichts einzuwenden.
  • An den Lebensstil anpassen: Wer wenig körperlich aktiv ist, sollte die Kohlenhydratmenge – und vor allem Getreide – reduzieren. Eine ordentliche Menge stärkehaltiges Gemüse ist eine geeignetere Wahl.
  • Bedenke stets: Gemüse, Knollen (z. B. Kartoffeln) und Obst sind deutlich nährstoffreicher und sättigender als Mehlprodukte. Die typische Getreide-Kohlenhydrat-Mast ohne viel Vitamine, Mineralstoffe und vor allem auch Antioxidantien ist einer der Hauptgründe für Stoffwechselstörungen und metabolische Entgleisungen, die zu Energielosigkeit führen. 
Quellen, Referenzen & weiterführende Literatur:
  1. Elmadfa, I., Fritzsche, D., Meyer, A. L. & Muskat, E. (o. D.). Die große GU Nährwert-Kalorien-Tabelle 2024/25. GU Körper & Seele Gesundheits-Tabellen.
  2. https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/  (Zugriff am 17.03.2025)
  3. Slavin, J. (2004). Whole grains and human health. Nutrition Research Reviews17(1), 99–110. https://doi.org/10.1079/nrr200374

  4. McKevith, B. (2004). Nutritional aspects of cereals. Nutrition Bulletin29(2), 111–142. https://doi.org/10.1111/j.1467-3010.2004.00418.x

  5. Shewry, P. R. & Hey, S. J. (2015). The contribution of wheat to human diet and health. Food And Energy Security, 4(3), 178–202. https://doi.org/10.1002/fes3.64

  6. Martínez, I., Lattimer, J. M., Hubach, K. L., Case, J. A., Yang, J., Weber, C. G., Louk, J. A., Rose, D. J., Kyureghian, G., Peterson, D. A., Haub, M. D. & Walter, J. (2012). Gut microbiome composition is linked to whole grain-induced immunological improvements. The ISME Journal, 7(2), 269–280. https://doi.org/10.1038/ismej.2012.104

  7. Canani, R. B. (2011). Potential beneficial effects of butyrate in intestinal and extraintestinal diseases. World Journal Of Gastroenterology, 17(12), 1519. https://doi.org/10.3748/wjg.v17.i12.1519

  8. Slavin, Joanne (2013): Fiber and prebiotics: mechanisms and health benefits. In: Nutrients, 5(4), S. 1417–1435. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3705355/ (aufgerufen am 17.03.2025).

  9. Randle, P. J., Garland, P. B., Hales, C. N., & Newsholme, E. A. (1963). The glucose fatty-acid cycle. Its role in insulin sensitivity and the metabolic disturbances of diabetes mellitus. The Lancet, 281(7285), 785–789. DOI: 10.1016/S0140-6736(63)91500-9

  10. Halmos, E. P., Power, V. A., Shepherd, S. J., Gibson, P. R. & Muir, J. G. (2013). A Diet Low in FODMAPs Reduces Symptoms of Irritable Bowel Syndrome. Gastroenterology146(1), 67-75.e5. https://doi.org/10.1053/j.gastro.2013.09.046

  11.  Junker, Y., Zeissig, S., Kim, S., Barisani, D., Wieser, H., Leffler, D. A., Zevallos, V., Libermann, T. A., Dillon, S., Freitag, T. L., Kelly, C. P. & Schuppan, D. (2012). Wheat amylase trypsin inhibitors drive intestinal inflammation via activation of toll-like receptor 4. The Journal Of Experimental Medicine, 209(13), 2395–2408. https://doi.org/10.1084/jem.20102660 

  12. Regulation (EC) No 852/2004 of the European Parliament and of the Council of 29 April 2004 on the hygiene of foodstuffs https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:32004R0852  (aufgerufen am 17.03.2025).

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